Um möglichst rasch zumindest Grunddaten auch zu Zigtausenden in Deutschland gebauter Schiffe der vergangenen 500 Jahre zur Verfügung stellen zu können, wurden auch die von Cai Boie für sein großes Standardwerk „Von der Hansekogge zum Containerschiff. 500 Jahre Schiffbau in Deutschland“ zusammengetragenen Schiffsdaten in die „Schiffsliste“ übernommen. Diese Datensätze enthalten allerdings auch im besten Falle lediglich Angaben zu Werft, Baunummer, Schiffstyp, Schiffsname, Baujahr und Auftraggeber, zum Teil auch noch eine Maßangabe wie die Tonnage, Länge o. ä. Dennoch sind die Daten aus der „Boie-Liste“ für den Forscher sehr wertvoll, erlauben sie doch in vielen Fällen überhaupt erst einen Einstieg in weiterführende Recherchen.

Wer war Cai Boie?

Cai Boie wurde am 31. Dezember 1926 als Sohn des Schiffsmaschinenbau-Ingenieurs Cai Boie (1886-1967) und seiner Ehefrau Antoni, geb. Kloth (1889-1969) in Dortmund geboren und wuchs in Kiel auf. Aus der Ehe mit seiner Frau Ruth, geb. Balzer (1927-2007) ging der Sohn Ulf hervor. Cai Boie verstarb am 24. August 1999 in Hamburg.

Den Zweiten Weltkrieg erlebte Cai Boie noch als Seekadett auf dem Hilfskreuzer Orion und auf dem Linienschiff Schlesien. Seine Lehre als Schiffbauer bei den Howaldtswerken in Kiel konnte er erst nach der Entlassung aus der Gefangenschaft im Juli 1945 beginnen. Diese Lehre dauerte nur zwei Jahre. Dass Cai Boie im Anschluss ein Schiffbaustudium an der Ingenieurschule in Hamburg aufnehmen konnte, spricht für herausragende Leistungen während seiner Lehrzeit.

Als die seinen späteren Lebensweg prägende Gestalt sollte sich während des Studiums sein Dozent Dr.-Ing. Kurt Wendel (1908-2003) herausstellen, in dessen Büro Cai Boie halbtags neben dem Studium arbeitete. Kurt Wendel erreichte es damals, dass in die renommierte Schifffahrtszeitschrift „Hansa“ ein Schiffbauteil aufgenommen wurde, den er bearbeitete. Wohl aus Interesse am allgemeinen Geschehen im Schiffbau engagierte sich hier auch Cai Boie stark und wuchs unter kritischer Anleitung Wendels so in die Arbeit hinein, dass dieser ihm bald freie Hand bei der Themenauswahl und Gestaltung ließ. Folgerichtig führte Cai Boie nach seinem erfolgreichen Studienabschluss diese Tätigkeit ab 1949 hauptamtlich aus. Nachdem Kurt Wendel im Jahre 1952 eine Professur an der TU Hannover und dem Institut für Schiffbau in Hamburg angenommen hatte, ging die Redaktionsarbeit vollständig auf Cai Boie über. Er wurde zunächst Redakteur für den Bereich Technik und später auch stellvertretender Chefredakteur.

Cai Boies von allen anerkannte journalistische Tätigkeit drückte sich auch darin aus, dass er über mehr als 30 Jahre stets im Januar-Heft der „Hansa“ die Jahresübersichten mit den Entwicklungstrends im Schiffbau, bei den Schiffstypen und in der schiffbautechnischen Forschung darstellte sowie Autor zahlreicher anderer fundierter Beiträge war.

Als allseits anerkannter Schiffbau-Fachmann stellte Cai Boie seine vielfältigen Kenntnisse und Erfahrungen von 1980 bis 1991 in den Dienst der beiden Ingenieurbüros Conplan und Schiffko.

Eine bedeutende Rolle sollte in Cai Boies Leben die „Schiffbautechnische Gesellschaft (STG)“ spielen, in die er 1950 eintrat. Besonders hervorzuheben sind hier die zeitweilige Leitung der Fachausschüsse „Technisch-wissenschaftliche Information“ und „Schiffsentwurf und Schiffsicherheit“, sowie die Mitgliedschaft und aktive Mitarbeit im Fachausschuss „Geschichte des Schiffbaus“. Cai Boie wurde für seine großen Verdienste im Jahre 1995 von der STG mit der Verleihung der Silbernen Denkmünze geehrt.

Auch nach seiner Pensionierung war Cai Boie in vielfältiger Form weiterhin für den Schiffbau aktiv. Schließlich trat er auch noch als Autor zweier Bücher hervor. 1993 erschien zunächst „Schiffbau in Deutschland 1945-52 - Die verbotene Industrie“ und 2001 das schon oben genannte grundlegende zweibändige Kompendium „Von der Hansekogge zum Containerschiff - 500 Jahre Schiffbau in Deutschland“, das als sein Lebenswerk bezeichnet werden darf und ein Produkt jahrzehntelanger Recherchen war.

Leider war Cai BOIE die Fertigstellung dieses Buches nicht mehr vergönnt gewesen, und es wurde daher von seinem Sohn Ulf in eine veröffentlichungsfähige Form gebracht. Ulf Boie fungierte denn auch als Herausgeber, nachdem sich mit Unterstützung durch den STG-Fachausschuss „Geschichte des Schiffbaus“ eine Veröffentlichung dieses einmaligen Werks über den Bad Segeberger GUD-Verlag realisieren ließ. In seinem Vorwort hatte Ulf Boie bereits darauf hingewiesen, dass neben der in kleiner Auflage erschienenen gedruckten Version eine Veröffentlichung als Datenbank denkbar und sinnvoll sei. Durch die Verknüpfung mit der „Schiffsliste“ sind die Daten nun über das Internet weltweit als Grundlage für weitere Forschungen verfügbar. Herrn Ulf Boie ist sehr dafür zu danken, dass er dem STG-Fachausschuss „Geschichte des Schiffbaus“ und dem Arbeitskreis „Schiffsliste“ das Werk seines Vaters zur Nutzung überlassen hat.

Heinz Haaker, 2011